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Wie funktioniert Botox

Viele ältere Menschen lassen sich mit modernen Botulinumarten behandeln. Botox-Behandlungen werden vor allem bei Gesichtsfalten durchgeführt. Die Wissenschaft kennt inzwischen neun Botulinumarten, die von Ärzten zur Unterscheidung mit den Buchstaben A, B, C usw. versehen werden. Viele Wissenschaftler kürzen Botuliumtoxin A als BTX A ab. Botulinumtoxin B gibt es ebenfalls als Medikamente. Sämtliche Varianten des Botulinumtoxins werden von der pharmazeutischen Industrie intensiv erforscht.

Wie funktioniert Botulinumtoxin?

Botulinumtoxin ist ein so genanntes Neurotoxin – das bedeutet, dass es die Funktion von Nerven beeinflusst. Viele andere natürliche Gifte sind ebenfalls Neurotoxine, beispielsweise das Gift von Skorpionen, manche Schlangengifte und einige pflanzliche Gifte. Botulinumtoxin wirkt an Nerven, Muskeln und Drüsen. Seine Effekte beruhen jedoch in keiner Weise auf einer Zerstörung oder Schädigung der Nerven und Muskeln.

Biochemie einer Giftwirkung

Um die Wirkung zu verstehen, benötigen wir einen Einblick in die Funktion der Muskeln, Drüsen und Nerven. Am Beispiel des Muskels wird dieses Zusammenspiel klar. Was geschieht, wenn wir uns bewegen, wenn unser Herz schlägt oder wenn wir die Stirn runzeln wollen? Muskeln ziehen sich zusammen und entspannen sich wieder. Muskeln können nur arbeiten, wenn ein Nerv dem Muskel ein Signal sendet: „Zieh dich zusammen, arbeite!“ Bei der Übertragung dieser Botschaft laufen an der Schnittstelle zwischen Muskel und Nerv komplizierte Vorgänge ab. All unsere Muskeln sind dicht besetzt von wurzelartig verzweigten, kolbenförmigen Nervenendigungen, genannt Nervenendplatten oder Nervenendkolben, medizinisch Synapsen. Zwischen Muskelfaser und Nervenende befindet sich ein winziger Spalt. In den Nervenenden ruhen bläschenförmige Vorratsbehälter, welche einen hormonähnlichen Botenstoff namens Acetylcholin enthalten. Wenn wir uns bewegen wollen, gelangt von Gehirn oder Rückenmark der Befehl zur Muskelarbeit als elektrischer Impuls an die Nervenenden. Dort eingetroffen, veranlasst der elektrische Impuls einige der Vorratsbehälter, ihren Inhalt Acetylcholin in den erwähnten Spalt zu entleeren. Der Botenstoff Acetylcholin wandert zum Muskel und löst dort über chemische Prozesse das Zusammenziehen aus. Ähnlich funktioniert die Arbeit von Speichel- und Schweißdrüsen. Bevor sie Speichel oder Schweiß freisetzen, benötigen sie ebenfalls einen Nervenimpuls, der Acetylcholin freisetzt. Erst wenn der „Schlüssel“ Acetylcholin an das „Schloss“ der Schweißdrüse oder Speicheldrüse angekoppelt hat, stößt die Drüse ihren wässrigen Inhalt aus: Dann beginnen wir zu schwitzen oder einzuspeicheln.

„Nachrichtenblockade“ durch BTX

Genau an dieser Stelle setzt die Wirkung von Botulinumtoxin an. Gelangt das Gift über verdorbene Nahrung oder über die Spritze des Arztes an ein Nervenende, so bindet es sich an die Außenhaut des Nervenendkolbens. Diese Bindung erfolgt durch einen bestimmten Eiweißanteil des Toxins, die so genannte schwere Kette oder Heavy Chain. BTX wandert in die Nervenfaser ein. Sein zweiter Eiweißanteil, die LIGHT CHAIN, wird im Nervenendkolben chemisch abgespalten und hemmt dann einen Eiweißstoff des Nervs namens SNAP-25. SNAP-25 ist entscheidend beteiligt an der Freisetzung des Signalstoffs Acetylcholin. Blockiert die leichte Kette also das SNAP-25, so kann kein Acetylcholin mehr aus dieser Nervenendplatte freigesetzt werden. Kein Acetylcholin – keine Muskelbewegung, kein Schwitzen ... Der geschilderte Vorgang dauert zwischen zwei und fünf Tage, manchmal etwas länger. Um es ausdrücklich festzuhalten: Andere Nervenfunktionen – zum Beispiel das Fühlen, Tasten oder das Temperaturempfinden – sind durch das Botulinumtoxin in keiner Weise beeinflusst, da hier andere Botenstoffe wirken.

Der Nerv regeneriert sich

Wieso erholen sich Muskel und Drüse mit der Zeit wieder?  Wie wird die Wirkung des Toxins abgeschwächt? Im Nervenende laufen zwei Regenerationsvorgänge ab. Zum einen zerlegen körpereigene Enzyme langsam, aber kontinuierlich das Gift in seine Bestandteile. Es wird enzymatisch „verdaut“. Auch das Eiweiß SNAP-25 wird neu gebildet, so dass die Synapsen innerhalb von drei bis neun Monaten ihre Funktionstüchtigkeit vollständig wiedergewinnen. Zum zweiten bildet der Körper neue, funktionstüchtige Nervenenden. Ähnlich einer Umleitung bei einer gesperrten Straße wachsen parallel geschaltete Synapsen zum Muskel hin. Sobald die alten Nervenenden wieder funktionieren, werden die provisorischen Synapsen abgeschaltet und bilden sich zurück – der ursprüngliche Zustand ist wieder hergestellt. Bei vielen Untersuchungen an Tier und Mensch konnten Wissenschaftler nachweisen, dass keine Muskel- oder Nervenveränderungen zurückbleiben. Interessanterweise benötigen die Schweißdrüsen länger als Muskeln, um sich zu erholen. Erst sechs bis zwölf, manchmal erst 18 Monate nach der BTX-Behandlung haben sie sich vollständig regeneriert. Selbst auf dieser biochemischen Ebene der Natur besteht übrigens das chinesische Yin-Yang-Prinzip („Jedes Ding enthält Starkes und Schwaches, Positives und Negatives“).

Einerseits ist Botulinumtoxin ein sehr giftiger, aggressiver Yang-Stoff, der durch die Lähmung der Atemmuskulatur, des Herzmuskels und der Nervenfunktionen tödlich sein kann. Andererseits ist es ein sehr empfindliches, leicht zerstörbares Yin-Eiweiß – so lange es noch nicht in den Körper gelangt ist. Wenn eine verdorbene Konservendose voller „Wurstgift“ erst einmal geöffnet ist, zerstört der Luftsauerstoff das Neurotoxin innerhalb von zwölf Stunden. Sonnenlicht zersetzt das Gift nach ein bis drei Stunden, Erhitzung auf 85 °C macht es nach fünf Minuten unwirksam. Auch chlorhaltiges Wasser zersetzt das Gift zuverlässig. Aus diesen Gründen sind Vergiftungen mit Botulinumtoxin so selten.

Hinweis: Redigierter Beitrag aus der Onlineveröffentlichung: Das Botox-Buch - Gift oder Wundermittel.

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