Die Komplementärmedizin als Gegenpol zur Schulmedizin
Hauptsächlich Naturheilverfahren werden im deutschsprachigen Raum in den letzten Jahren immer mehr nachgefragt. Vor allem werden die Naturheilverfahren als Ergänzung zu schulmedizinischen Anwendungen eingesetzt. Vor allem gesundheitsbewusste Frauen, chronisch Kranke und intellektuellere Milieus bevorzugen die alternativen Verfahren und Produkte.
Der Stellenwert und die Akzeptanz der Naturheilverfahren sind in jedem Land sehr unterschiedlich. In der Schweiz haben zum Beispiel komplementärmedizinische Verfahren einen hohen Stellenwert in den ärztlichen Beratungen. Im Jahr 2009 sprachen sich 67 Prozent der Schweizer bei der Volksabstimmung zur Zukunft der Komplexmedizin dafür aus, dass man die komplexmedizinischen Verfahren wieder in der Grundsicherung berücksichtigen sollte. Grundlage der Anerkennung der komplexmedizinischen Verfahren in der Schweiz ist der wissenschaftliche Nachweis nach der Wirksamkeit auch ohne schulmedizinische Kriterien.
Auch in Nachbarländern wie Frankreich hat die Naturheilkunde einen sehr hohen medizinischen Stellenwert. In Ländern wie Deutschland gibt es seit Jahrzehnten eine sehr kontroverse und teils polemische Auseinandersetzung um den Stellenwert der alternativen Medizin. Vor allem der Wirksamkeitsnachweis wird von den schulmedizinischen Interessenvertretern in den Argumenten-Streit eingebracht.
Heute sieht man das duale System mit Schulmedizin und alternativer Medizin etwas liberaler als in den letzten Jahrzehnten. Die naturheilkundlichen Produkte werden auch immer wichtiger, da die Prävention gegen viele Krankheitsbilder heute im deutschen Gesundheitssystem eine zentrale Rolle spielt. Das Internet hat als modernes Informationsmedium dazu beigetragen, dass der interessierte Durchschnittsbürger sich seine Meinung über schulmedizinische und alternativ-medizinische Anwendungen fundierter machen kann.
Bei der Entwicklung des Internets in den USA, in den 1990er Jahren, spielte das Informationsthema Medizin eine sehr wichtige Rolle, da viele Menschen in den USA keine Krankenversicherung haben und man bewusst durch das Medien neue Chancen in der Gesundheitsprävention schaffen wollte.
Im globalen Zeitalter hat das Interesse an alternativen Gesundheitsphilosophien in einer inneren Logik stark zugenommen. Traditionelle chinesische Medizinanwendungen oder homöopathische Anwendungen sind heute stark nachgefragt. Indien ist zum Beispiel ein Zentrum der alternativen und religiös-philosophischen Anwendungen. Durch die buddhistischen und hinduistischen Religionen kennt man eine große Liberalität gegenüber Andersdenkenden, auch in der Medizinphilosophie.
Der Stellenwert der wissenschaftlichen Medizin ist auch immer ein gesellschaftspolitisches und wirtschaftliches Thema, das die Bandbreite an medizinischen Philosophien nur begrenzt abdeckt. Gesundheitspolitisch soll in Deutschland die stärkere Eigenverantwortung in der Gesundheitsprävention vor allem die Ausgaben im Gesundheitswesen dezimieren. Tatsächlich geben viele Menschen heute mehr Geld für nicht verschriebene Arzneimittel aus.
Auch sieht man heute bei problematischen Zielgruppen wie Kindern, die sanfte Medizin als eine Option an. In einer inneren Logik wächst durch das Informationszeitalter vor allem die Kommunikationsbereitschaft zwischen Ärzte und Patienten bei sanften Therapien. Gesundheitsdienstleister wie Ärzte, Heilpraktiker oder Psychotherapeuten würdigen das Spektrum der Alternativmedizin heute immer mehr.
Die Harmonie zwischen Geist und Körper ist in individualisierten Industrieländern wie Deutschland ein zentrales Gesundheitsthema. Gerade auch in den Industrieländern steigen die Erkrankungen, die nicht alleine auf singuläre Krankheitsursachen zurückzuführen sind. Beruflicher und privater Stress und die gesellschaftlich akzeptierten Dogmen, Erfolg und Ansehen, bringen viele Menschen in Grenzbereiche der körperlichen Leistungsfähigkeit. Insofern trifft tatsächlich der einfache Spruch des Nobelpreisträgers George Bernhard Shaw zu: "Zu großes Ansehen ist für die geistige Gesundheit nicht gut." Das Zitat von Shaw: "Wer heilt hat Recht", ist heute kritischer den je zu sehen.
Es gibt tatsächlich alternative Therapien, die auch wissenschaftlich den Anspruch der Wirksamkeit dokumentieren - und Verfahren der Esoterik. Plazeboeffekte und Spontanheilungen kennt zum Beispiel auch die Schulmedizin, so dass man grundsätzlich alle Therapiephilosophien kritisch hinterfragen kann. Was in Industrieländern wie Deutschland heute bei vielen Patienten sehr wichtig ist, ist das kommunikative Element in der Behandlung.
Viele Menschen neigen zu alternativen Heilmethoden, da sie hier oft mehr Kommunikationsmöglichkeiten mit den Dienstleistern finden. Der mündige Patient ist heute immer mehr im Kommen und hilft so auch das Gesundheitssystem zu entrümpeln. In Deutschland ist das quantitative Verhältnis zwischen Arzt und Patient sehr ausgeprägt. Im Verhältnis zu anderen europäischen Ländern wie Norwegen, gehen die Deutschen sehr häufig zum Arzt, was nicht nur alleine auf die herrschende Gesundheitslage zurückzuführen ist.
In Deutschland haben vor allem die Homöopathie und die Akkupunktur einen hohen Stellenwert. Viele Ärzte bieten heute naturheilkundliche Beratungen an und tragen die ärztliche Zusatzbezeichnung für Naturheilkunde. Die Übernahme der Kosten durch die gesetzlichen Krankenkassen ist in Deutschland sehr heterogener Natur. In den letzten Jahren haben viele Krankenkassen mit Leistungsübernahmen zu alternativen Therapien mehr geworben, um den Mitgliedern zusätzliche Features anzubieten.
Durch die Gesundheitsreform muss man die mittelfristigen Auswirkungen auch in diesem Leistungsbereich neu analysieren. Grundsätzlich kann man einen Facharzt für Naturheilkunde oder Homöopathie um eine Therapieempfehlung bieten und diese bei der Krankenkasse einreichen. Die Regelungen zur Übernahme der Kosten sind allerdings nicht einheitlich. Einige Kassen kennen Leistungsübernahmen nur bei klassischen Naturheilkunden.
Die Übernahme der Kosten kann evtl. von der ärztlichen Zusatzqualifikation in der Naturheilkunde abhängen. Bei vielen privaten Krankenkassen geht man liberaler mit den Kostenübernahmen bei alternativmedizinischen Anwendungen um. Auch hier muss man die Kostenübernahme im Vorfeld abklären. Die Homöopathie oder die Akkupunktur sind heute als Alternativmedizin bei vielen privaten Krankenkassen anerkannt. Man kann feststellen, dass in Deutschland die privaten Krankenkassen tendenziell mehr den alternativen Therapien ausgeschlossen gegenüberstehen.